Das in den 1970er Jahren erbaute Bürogebäude an der verkehrsreichen Straßenkreuzung Bramfelder Straße / Krausestraße in Hamburg Barmbek war in den 1980er Jahren aufgestockt und in den 1990er Jahren um einen zweiten Gebäudeteil erweitert worden. Nach dem Immobilienerwerb durch die Stiftung Hilfe mit Plan im Jahr 2011 führten die Frankfurter Architekten schneider+schumacher eine energetische Fassadensanierung durch, erweiterten das Gebäude-Ensemble um zwei Vordächer, bauten die ehemaligen Büros im Erdgeschoss zu einem Konferenz- und Cafeteria-Bereich um und unterzogen die Büroflächen in den Obergeschossen einer Kernsanierung. Für diese ehemals mit Zellenbüros versehenen Flächen entwickelte designfunktion, Spezialist für die Planung und Einrichtung von Büro- und Arbeitswelten, in enger Zusammenarbeit mit den Architekten eine flächeneffiziente Neustrukturierung, welche die Offenheit und Teamorientierung der Büronutzer fördern soll. Mieter des Gebäudes ist das weltweit aktive Kinderhilfswerk Plan International Deutschland e. V.
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Bei den architektonischen wie innenarchitektonischen Maßnahmen waren die Einhaltung des Budgets, die Schaffung langlebiger Werte und eine zukunftsorientierte Flexibilität oberstes Gebot. Das Gesamtkonzept sollte flexibel genug sein, die Immobilie gegebenenfalls später auch anderen Unternehmen und Institutionen weiter vermieten zu können. Auch die Option einer weiteren Verdichtung von derzeit 125 auf später 180 Arbeitsplätze sollte für den Fall einer Personalaufstockung bei Plan International gegeben sein.
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Für die aufgrund baulicher Gegebenheiten verschachtelten Grundrisse (Erschließungskerne, Lichthof, Brandschutzwände) konzipierte designfunktion anhand einer Gebäudeanalyse und Machbarkeitsstudie drei Szenarien. Unter Vorgabe einer Förderung der Mitarbeiter-Teamfähigkeit und –Motivation stellte sich der Open Space als bestmögliche Lösung heraus. Durch die komplette Öffnung des Raumes werden nun auch diejenigen Zonen mit einem Anteil an Tageslicht versorgt, die zuvor aufgrund der großen Raumtiefen und einer angrenzenden Bebauung weniger gut belichtet waren und daher lediglich als Nebenräume genutzt wurden. Neben den Arbeitsplätzen für die 125 festangestellten Mitarbeiter bietet die aus der strukturellen Öffnung resultierende Flächeneffizienz auf allen drei Geschossen Spielraum für die Einrichtung unterschiedlichster funktionaler Nutzungen vom ungestörten, konzentrierten Arbeiten bis zu fachbezogener Kommunikation und informellem Austausch.
Auch der Eingangsbereich, der weiterhin als Foyer und Empfang genutzt wird, erfuhr eine großzügige Öffnung, mit der schneider+schumacher eine direkte Anbindung zu dem neuen Konferenz- und Cafeteriabereich im Erdgeschoss schufen. Die drei mit mobilen Trennwänden versehenen Konferenzräume können zu einem großen Raum vereint werden. Die Räumlichkeiten stehen externen Vereinen und Stiftungen zur Anmietung für Veranstaltungen offen. Bei kostengünstigen Mieten will die Stiftung Hilfe mit Plan, die selbst ihren Standort im Erdgeschoss hat, damit bürgerschaftliches Engagement unterstützen. Daher trägt das Gebäude heute den Namen »Haus der Philanthropie«.
Für das von designfunktion realisierte Gestaltungskonzept bot sich ein ethnischer Bezug zu der interkontinentalen Tätigkeit des 1937 gegründeten Hilfswerks Plan International an, das in 50 Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas an der Verbesserung der Lebensbedingungen von Kindern, Jugendlichen, deren Familien und Gemeinden arbeitet. Im wesentlichen ist es die Farbauswahl für Materialien und Wände, die das Gestaltungskonzept bestimmt. Für jeden Kontinent, auf dem Plan tätig ist, definierte designfunktion eine eigene Farbwelt, auf welche die Stoffe, Wandfarben, Teppiche und Akustik-Textilien abgestimmt und als Akzentfarben zu den in Weiß, Anthrazit und Grautönen gehaltenen Bürobereichen verwendet wurden. Diese farbliche Differenzierung der jeweils in einem Obergeschoss ansässigen Abteilungen verleiht dem Sitz von Plan International Deutschland Persönlichkeit und Individualität und erweist sich gleichzeitig als praktikables Leitsystem.
An der Fassade im Bauteil A wurden die vorhandenen Stahlbeton-Sandwich-Elemente der Brüstungskonstruktion belassen, gedämmt und mit vorgehängten, hinterlüfteten Glasscheiben verkleidet. In die neu geschaffene Dämmebene wurden die energetisch hocheffizeinten Verbundfester integriert. Mit Ausnahme des dritten Obergeschosses mit seiner geringeren Brüstungshöhe sind die neuen Fenster mit einer Dreh-/Kippversion ausgeführt, so dass sie von den Mitarbeitern jederzeit geöffnet werden können. Im Bauteil B wurden die Fenster und der aussenliegende Sonnenschutz erneuert. Durch Anbringen der neuen Fassadenelemente und die Entfernung der als Rundung auskragenden Geschossdecken wurden die beiden Bestandsgebäude gestalterisch zusammengeführt.
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Auch das erneuerte Gründach mit nunmehr integrierter Dachterrasse erfuhr eine energetische Sanierung. Der neue Dachaufbau entspricht dem derzeitigen Dämmstandard der Energieeinsparverordnung. Für die Gebäudekühlung wurden kleinere, vom Straßenraum nicht sichtbare Geräte aufgestellt. Auf der verbleibenden Dachfläche wurden Photovoltaikelemente montiert, die Strom für das Gebäude erzeugen.
Eine weitere, wesentliche, autarke Stromerzeugung erfolgt über einen Kraft-Wärme-Kälte-Verbund mit einem Klein-Blockheizkraftwerk und einer Adsorptionskältemaschine. Dabei wird die Abwärme des Blockheizkraftwerks im Winter energieeffizient zur Beheizung und im Sommer zur Kühlung des Gebäudes genutzt.
Der Gebäude-Komplex wurde mit einer neuen, systemunabhängigen EDV-Verkabelung für alle Bildschirmarbeitsplätze ausgerüstet. Die Bestands-Beleuchtung wurde vollständig gegen energieeffiziente LED-Beleuchtung ausgetauscht. Die straßenseits gelegenen Büroräume werden mittels der vorhandenen Lüftungsanlage mit Frischluft versorgt. Nach Bedarf wurden die Besprechungsräume mit einer Umluftkühlanlage ausgestattet. Der Konferenzbereich und die Cafeteria, die mittels einer Umluftkühlung versorgt werden, wurden zusätzlich mit einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ausgestattet.
Das Resultat aus Sanierung, energetischer Optimierung, Umbau und Neustrukturierung des »Haus der Philanthropie« zeigt eindrucksvoll, wie man ein Bestandsgebäude den heutigen und zukünftigen Anforderungen ohne Budgetüberschreitung anpassen kann. In der Kooperation der Architekten mit dem interdisziplinären Team bei designfunktion wurde außerdem ein freundliches, einladendes und identitätsstiftendes Ambiente geschaffen, das die Werte und die Kultur des Bauherren Stiftung Hilfe mit Plan und des Nutzers Plan International Deutschland erlebbar macht.
Architektur: schneider+schumacher, Frankfurt
Innenarchitektur: designfunktion, München; schneider+schumacher, Frankfurt
Bauherr/Auslober: Stiftung Hilfe mit Plan (Plan International Deutschland e.V.)
Typologie: Büro-/Verwaltungsbauten
Brutto-Grundfläche: 4.094 m² oberirdisch
Projektarchitekt (Hochbau + Innenarchitektur): Michael Schumacher, Nina Delius
Projektleitung / Innenarchitekt: Manfred Vetrovec / Kathi Hermann
Projektleitung Planung: Tamara Gorgonska
Baumanagement: bauatelier pilch + bornstedt GmbH, Hamburg, LPH 7 + 8
Vergabeform: Direkt
Leistungsphase: 1-9
Leuchten: Belux, www.belux.com
Fotos: Werner Huthmacher