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QUARTIER Fachmagazin für urbanen Wohnungsbau

Bildquelle: kokliang1981– stock.adobe.com

Fachzeitschriften

 

Bauen 4.0 mit BIM: Modell für den Lebenszyklus

Planungsqualität, Kostensicherheit und Effizienz und davon jeweils mehr: Die Erwartungen, die an Building Information Modeling (BIM) gestellt werden, sind hoch. Tatsächlich aber wird über BIM in Deutschland noch wesentlich häufiger gesprochen, als es in der Praxis zur Anwendung kommt. Die Berliner Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE hat BIM bereits bei mehreren Projekten im Einsatz. Ein Hochhaus an der Frankfurter Allee in Berlin mit fast 400 Wohnungen steht nun kurz vor der Bau-Fertigstellung – der „digitale Zwilling“ ist schon lange im Einsatz.

BIM ist keine Software, sondern eine digitale Planungsmethode, die ein 3D-Gebäudemodell mit einer Datenbank verknüpft. Der Vorteil: Alle Beteiligten greifen in der Planungsphase auf dasselbe Gebäudemodell zu, können ihre Planung besser koordinieren und durch eine Software auf Kollisionen überprüfen lassen. Auch der Bauherr kann das „fertige“ Bauprojekt schon in der Planungsphase virtuell begehen und mit seinen Projektzielen abgleichen. Aus dem Modell lassen sich zudem Massen ziehen, die für Kalkulation und Ausschreibung genutzt werden können. Auf der Baustelle kann das 3D-Modell mit dem realen Bau abgeglichen werden. Doch auch über den eigentlichen Planungs- und Bauprozess hinaus ist die Methode ein Gewinn, denn ein weiterer Wert von BIM zeigt sich für Bestandshalter in der Bewirtschaftungsphase.

quartier fachmagazin urbanen wohnungsbau 2022 02
Die Berliner Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE hat BIM bereits bei mehreren Projekten im Einsatz, wie bei diesem Wohnhochhaus in Berlin.

Wohnhochhaus

An der Frankfurter Allee 218 im Berliner Bezirk Lichtenberg errichtet die HOWOGE auf einem Grundstück von nur 4.600 m2 ein Wohnhochhaus mit 394 Wohnungen und rund 2.800 m2 Gewerbefläche. Mit einer Höhe von 64 m und 50 % geförderten Wohneinheiten ist das Vorhaben das mit Abstand höchste neu gebaute HOWOGE-Wohnhaus und eines der höchsten im kommunalen Wohnungsbau insgesamt. Das Gebäude wird im KfW 55-Standard errichtet, der Turm nutzt Fernwärme und dezentrale Wohnungsstationen für die Warmwassererzeugung, ein Mieterstrommodell mit hauseigener PV-Anlage und Windkraft ist in Vorbereitung.

Städtebaulich herausfordernd sind die Lage, der Zuschnitt und die Topografie des Grundstücks, das an der viel befahrenen Frankfurter Allee direkt am S-Bahnhof Lichtenberg gelegen von drei Seiten durch Straßen- und Bahnverkehr belastet ist. Darauf reagiert das Gebäude mit hoch schallgedämmten Fenstern, Loggien mit Prallscheiben, einer maschinellen Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung und im Außenbereich mit einer Schallschutzwand hinter der vielfach nutzbare Frei- und Spielflächen entstehen. Städtebaulich reiht sich das Projekt in die Tradition der bestehenden Hochpunkte entlang der geschichtsträchtigen Hauptverkehrsachse aus Osten bis zum Alexanderplatz ein und ist bereits das zweite Hochhaus, dass die HOWOGE an der Frankfurter Allee realisiert.

Der dreigeschossige Gewerbesockel vermittelt mit seinem zweigeschossigen Eingangsbereich zwischen den verschiedenen Geländeniveaus und belebt die unteren Etagen auch in Zusammenspiel mit der Umgebung.  Auf dem Dach entsteht eine Dachterrasse mit Sportbereich. Mit diesem Konzept hat die HOWOGE wesentliche Parameter des Berliner Hochhausleitbildes von 2020 bereits vorweggenommen.

Warum BIM?

Für den Einsatz der BIM-Methode ist die Frankfurter Allee 218 als Hochhaus besonders gut geeignet: ein Solitär, wenige, vielfach wiederholte Regelgeschosse und viel Technik, die in kompakten Grundrissen und wirtschaftlichen Geschosshöhen untergebracht werden muss. Da hilft der digitale Zwilling schon in frühen Planungsphasen, alle Gewerke untereinander zu koordinieren, Platz für Technikeinbauten zu minimieren und somit die Gebäudeeffizienz zu optimieren. Denn Flächeneffizienz ist besonders im Hochhausbau ein relevanter Schlüssel zur Wirtschaftlichkeit.

Das ist anfangs zwar aufwändiger, macht sich aber im weiteren Projektverlauf bezahlt, wenn der digitale Zwilling am Ende real gebaut werden soll. In einer sechsmonatigen „Partneringphase“ zwischen Bauherr und Generalübernehmer zu Beginn des Projektes konnte frühzeitig Flächen- und Kostensicherheit für beide Seiten erreicht werden und die Baunachträge (KG 300-400) im weiteren Projektverlauf auf deutlich unter 1 % begrenzt werden.

Potenzial liegt neben der Optimierung von Versorgungsschächten auch in der Gestaltung der Technikräume, die für Wartung und Revision optimiert werden können: Technikbauteile z.B. erhalten im Modell bereits die erforderlichen Bewegungsflächen für die spätere Wartung. Diese werden bei der Kollisionsprüfung auf Überschneidung mit anderen Bauteilen überprüft. Gleiches lässt sich auch für optimierte Möblierungsplanung und Grundrissgestaltung einsetzen.

Last but not least, kann auf der Baustelle über einen Abgleich des 3D-Modells mit der Realität – dies erfolgt über das Smartphone – eine erste Qualitätskontrolle effizient erfolgen.

Die gemeinsame Logik einer transparenten Planung führt also auch zu einer effizienteren, kostengünstigeren und qualitätsgesicherten Bauphase. Wird dies auch bei den Bauunternehmen konsequent weitergedacht, ist BIM mit Blick auf Effizienz, Abfall- und Verschnittreduzierung sowie den Fachkräftemangel in der Baubranche ein großer Vorteil.

In der Projektkonzeption wurde die HOWOGE von ihrem Projektsteuerer Drees & Sommer unterstützt und beraten. Bei der Anwendung und Umsetzung konnte auf der Erfahrung des Generalübernehmers PORR mit deren Planerteam um BE Berlin, das schon seit Jahren mit BIM arbeitet, aufgebaut werden.

BIM-Strategie und Umsetzung

Um die Mehrwerte für die Planung, die Bauphase und langfristig auch für die Bewirtschaftung zu generieren, galt es zunächst, eine geeignete BIM-Strategie für das Projekt zu entwickeln. Entschieden hat sich die HOWOGE für Open-BIM, das es jedem Partner u.a. ermöglicht, seine eigene BIM-Software zu nutzen. So können Planer aus verschiedenen Fachrichtungen wie Außenraumplanung, Architektur, Tragwerksplanung und Gebäudetechnik mit unterschiedlichen Softwaresystemen direkt zusammenarbeiten. Die HOWOGE als Bauherr hat über ein Viewer-Programm stets Zugriff auf das aktuelle Modell. In diesem Zusammenhang wurde 2020 mit dem Partner der HOWOGE, der ThinkProject/Conclude eine eigene webbasierte BIM-Plattform entwickelt und installiert, die es allen Projektbeteiligten ermöglicht ohne technische Hürden direkt und zeitgleich auf das BIM-Modell zuzugreifen.

Lesen Sie mehr zum Thema in der Ausgabe 2.2022 von QUARTIER – Fachmagazin für urbanen Wohnungsbau.

[Auszug aus QUARTIER 2.2022, Autor: Timo Péli]

QUARTIER informiert über kostensensibles und qualitätsvolles Bauen sowie Maßnahmen und Konzepte für zukunftsweisenden Städtebau und die Quartiersentwicklung.

Weitere Informationen auf www.magazin-quartier.de


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