Kaum eine Stadt, die sie nicht kennt – soziale Wohnbauten, die zu isolierten, kulturell benachteiligten Massenbehausungen geworden sind. Errichtet nach den strikten Vorgaben der Moderne sind diese Siedlungen heute meist urbane Problemviertel an den Stadträndern. In einigen Ländern machen solche Massenbehausungen gar über 50 Prozent des städtischen Wohnungsbestandes aus. Für die Zukunft besteht dringend Bedarf an neuen Konzepten und Ideen, die das Problem des bezahlbaren Wohnraums auch in Großsiedlungen lösen – ohne soziale Isolierung, ohne kulturelle Benachteiligung und ökologisch nachhaltig.
In diesem Sinne hat UN Habitat im September 2013 einen internationalen Studentenwettbewerb zur urbanen Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus ausgerufen. Ziel war es, neue Entwürfe zu entwickeln, die sich mit der besonderen Situation der jeweils eigenen Stadt beschäftigen. An die Stelle anonymer Wohnblöcke sollten Konzepte treten, die – stets mit Blick auf zu erwartende Entwicklungen der eigenen Städte – den unterschiedlichen urbanen Bedürfnisse gerecht werden. Dazu gehört das Schaffen von Wohn- und Geschäftsraum ebenso wie Angebote für Bildung, Erholung und soziale und kulturelle Aktivitäten. Zentral ist zudem auch ein ökologisch nachhaltiger Ansatz, der etwa die Treibhausgasemissionen und die Umweltbelastung durch den motorisierten Verkehr im Blick behalten soll.
Teilgenommen haben 97 studentische Teams aus 35 Ländern, von denen mehrere Teams in einer der sechs globalen Regionen (unterteilt wurde neben den arabischen Staaten, Asien/pazifischer Raum, Lateinamerika und Afrika auch in Westeuropa/OECD-Länder und Schwellenstaaten in Osteuropa und Zentralasien) ausgezeichnet wurden.
Ein erster Preis ging etwa an das Projekt »The Tree« des syrischen Teams Render, das einen Entwurf zur Neubebauung des Viertels Baba Amr in Homs entwickelt hat. Baba Amr ist eines der Gebiete, an denen die syrischen Unruhen ausgebrochen sind. Es ist heute zu 90 Prozent zerstört. Während Wiederaufbaupläne der Regierung die Fehler der früheren Bebauung zu wiederholen drohen, versucht der Entwurf von Render, Elemente traditioneller Häuser, etwa zu Beschattung und Luftzirkulation, zu übernehmen und sie mit einem neuen Konzept zu verbinden. Aus einer Art räumlichem »Schachbrett« aus Terrassen und Stufen soll eine homogene Siedlung mit verschiedenen Wohntypen und kommerziellen Einheiten im Erdgeschoss entstehen, die zudem buchstäblich Luft lässt für öffentlichen Raum.
Eine ganz andere Lösung entwickelt der Gewinnerbeitrag des Teams 3B2 aus Frankreich für einen modernistischen Wohnkomplex in Bron Parilly im Südosten von Lyon. Das nach den Prinzipien Le Corbusiers errichtete Viertel wird von Hauptstraßen zerschnitten und dadurch von der Stadt isoliert, der Ruf ist schlecht. 3B2 schlagen einen dramatischen Eingriff am prominentesten der Wohnblöcke vor: Ein Loch soll durch das Gebäude geschlagen werden, in dem danach nicht mehr nur gewohnt werden kann, sondern auch Geschäfte, ein Theater und eine Kletterwand untergebracht werden sollen. Die anderen Wohnblöcke sollen saniert und mit weiteren Bauten nachverdichtet werden. So soll ein neuer Zugang zu diesem Viertel möglich und Bron Parilly besser an die Stadt angeschlossen werden.
Alle Gewinner des UN Habitat Mass Housing Competition können auf folgender Internetseite eingesehen werden: masshousingcompetition.org/results