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Mi, Apr

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Ich möchte die ästhetischen Möglichkeiten der Fotografie ausloten ...

Design Kunst

Interview mit Peter Braunholz: „Ich möchte die ästhetischen Möglichkeiten der Fotografie ausloten, ohne zu inszenieren oder zu manipulieren.“ 

Frankfurt International Airport, 2011

Immer wieder sind es Architekturmotive, denen Peter Braunholz mit der Kamera nachspürt. In unterschiedlichen Herangehensweisen thematisiert er Gebautes, Außenansichten ebenso wie Interieurs, klassische ebenso wie moderne Bauten. Dabei interessiert ihn nicht nur das, was in den Häusern über ihre Bewohner zum Ausdruck kommt, sondern auch das Spiel mit der Annäherung an künstlich Gebautes in einer natürlichen Umgebung.

Der Frankfurter Fotograf bringt einen vielfältigen Background mit in seine Arbeit: Neben der Musik – er hat Musik in Los Angeles und Germanistik und Theater/Film/TV-Wissenschaften in Frankfurt studiert und war sowohl als Musiker (zum Beispiel mit Patricia Kaas), aber auch als Komponist, Arrangeur und Produzent in Tonstudios tätig – interessierte ihn auch das freie Gestalten und Schreiben etwa für Messen und Print. Seit etwa 2005 gilt Braunholz’ Hauptinteresse der künstlerischen Fotografie. 2009 begann eine intensive Zusammenarbeit mit der Kölner Galeristin und Kuratorin Caren Jones, bei der er in Ausstellungen mit renommierten Kollegen wie etwa Andreas Gursky, Candida Höfer und Thomas Ruff vertreten war.

Albert Speer

Heute arbeitet der Fotograf vor allem mit den Galeristen Judith Andreae in Bonn und Christoph Wesner in Konstanz sowie mit der chinesischen Kuratorin Juan Xu zusammen, stellt aber auch als Gast in anderen Galerien aus. Außerdem kuratiert er Fotografieprojekte, die ihm am Herzen liegen, und ist Juror bei Fotowettbewerben, zum Beispiel beim Abisag Tüllmann Preis. Im kommenden Jahr wird Peter Braunholz im Rahmen eines Artist-in-Residence-Stipendiums gemeinsam mit seinem Wiesbadener Kollegen Thomas Wunsch zwei Monate im Huantie Times Museum of Modern Art in Peking wohnen, arbeiten und ausstellen. Kuratorin wird Juan Xu sein, die vor kurzem mit der Ausstellung »Bald Girls« in Peking auf sich aufmerksam gemacht hat. Bereits im Dezember ist Braunholz bei einer internationalen Ausstellung zeitgenössischer Kunst im Huaxia Museum in Zhengzhou, China, mit neuen Arbeiten vertreten.

diametral I

Im Interview mit deconarch.com erzählt Peter Braunholz von seiner Annäherung an architektonische Themen, was Fotografie für ihn bedeutet und warum dem Einzelbild wieder mehr Aufmerksamkeit entgegengebracht werden sollte.

Dying Cities, 2009

INTERVIEW

Simone Kraft: Einige Ihrer Serien beschäftigen sich mit Architektur – »Individualization« etwa, eine Serie, die in der Frankfurter Ernst-May-Siedlung aus den 20er Jahren entstanden ist und den menschlichen Individualisierungsbestrebungen nachspürt: Zu sehen sind Frontansichten der standardisierten Hauseingänge, die von ihren Bewohnern doch sehr unterschiedlich gestaltet werden. Was interessiert Sie an der Fotografie von Architektur?

Peter Braunholz: Dass der Mensch sich seine Umgebung zu eigen macht und wie er sie nach seinen Möglichkeiten gestaltet, fasziniert mich. Es sagt viel über die Menschen und ihre Gesellschaft aus. Im Sommer 2009 kam ich in Frankfurt-Praunheim in die Ernst-May-Siedlung. Dort erinnerten mich die skurril gestalteten Eingänge der Häuser daran, dass ich das Thema »Individualisierung« ein Jahr zuvor fotografisch umsetzen wollte, aber keine geeigneten Motive fand. Als ich nach der Umsetzung des Projekts die Geschichte der Siedlung noch genauer recherchierte, stellte sich heraus, dass meine Serie über die individuell gestalteten Hauseingänge dieser berühmten Bauhaus-Siedlung meinen inhaltlichen Ansatz umfassender trifft, als ich mir gewünscht hatte.

Simone Kraft: Auch »Dying Cities«, die Ladenleerstände in irischen Kleinstädten zeigen, oder »Habitat«, das mit Durchsichten durch Glasfenster, Spiegelungen und irritierenden Effekten spielt, thematisieren Architektur.

Peter Braunholz: »Dying Cities« erwuchs aus der Beschäftigung mit den Veränderungen in kleineren Städten, wenn in der Nähe »auf der grünen Wiese« ein Einkaufszentrum entsteht. Sofort fahren die Menschen dorthin, weil es momentan preisgünstiger ist, und merken nicht, dass sie so den Läden und damit dem Leben im Zentrum ihrer Stadt die Lebensgrundlage nehmen. Das Ergebnis sind schrumpfende Innenstädte, deren Ränder durch verlassene Einzelhandelsgeschäfte geprägt sind. Das ist eine sehr traurige Entwicklung, ein Kulturverlust, der in vielen Ländern in Europa sichtbar ist. Noch immer fehlt es den Menschen an Bewusstsein über die Bedeutung und die Konsequenzen ihres Einkaufsverhaltens. Ich habe hierzu in Irland, Deutschland, Schweiz, Frankreich, Österreich und Spanien fotografiert. Die Serie zeigt Bilder aus Irland.

Bei »Habitat« habe ich mich mit der künstlichen Natur beschäftigt, die um Neubauten herum entsteht, und der »schrägen« Harmonie zwischen künstlicher Natur und künstlichem Lebens- und Arbeitsraum. Außerdem sind Spiegelungen für mich immer wieder interessant, da sie einen Blick hinter unsere Realität ermöglichen, und man mehrere Perspektiven auf natürlichem Weg, ohne Inszenierung oder als Collage, in einem Bild zusammenzufassen kann.

Habitat

Simone Kraft: Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihren Arbeiten?

Peter Braunholz: Im Mittelpunkt steht die Beschäftigung mit der Form. Ich möchte bislang unentdeckte Anmutungen der Wirklichkeit schaffen und gleichzeitig die ästhetischen Möglichkeiten der Fotografie ausloten – ohne zu inszenieren oder zu manipulieren. Die Beweiskraft der Fotos soll erhalten bleiben, denn ich will etwas über die Realität aussagen, die ja weitaus vielschichtiger ist, als wir mit unseren Sinnen wahrnehmen können. Meine Arbeiten sollen hinter das blicken, was wir als Wirklichkeit annehmen. Es ist eine Form von Transzendenz. Kunst ohne Transzendenz, ohne tiefere inhaltliche oder gestalterische Ebenen, interessiert mich weniger. Die Form steht aber immer im Mittelpunkt. Ich möchte Bilder schaffen, deren Ursprung und Inhalt sich auch mal nicht auf den ersten Blick erschließt, eine Weile rätselhaft bleibt. Unsere Umgebung ist voller Rätsel. Warum beispielsweise können sich unter bestimmten Voraussetzungen die Strukturen von Fleisch, Eis und Holz zum Verwechseln ähneln? Im Kleinen wie im Großen? Warum trifft dies ebenso auf Haut, Schnee und Sand zu? Diese Themen faszinieren mich. Ich will in das Wesen der Dinge vordringen.

»Diametral« ist eine Serie, mit der ich diesen Zielen für mein Empfinden zumindest näher gekommen bin. Sie ist spontan und sehr intuitiv auf Basis einer früheren Serie entstanden, aber ich habe schon während der Aufnahmen gedacht, dass sie für mich besonders sind. Manche Serien bleiben lange liegen, bevor ich genug Abstand für eine objektivere Beurteilung gewonnen habe.

Simone Kraft: Darüber hinaus haben Sie noch an ganz unterschiedlichen Bauten und Gebäudekomplexen gearbeitet …

Peter Braunholz: Schon früh haben mich Baustellen fasziniert. Die dort herrschende gewaltige Energie, die vorübergehende Unordnung, die Kraft der Veränderung und des Neubeginns ziehen mich auch heute noch magisch an. Die Baustelle des »Squaire« am Frankfurter Flughafen war die größte in Europa damals. Es war ein besonderes Erlebnis, dort nachts zu fotografieren.

Im vergangenen Jahr habe ich als Auftragsarbeit für den Societäts-Verlag (FAZ) und die Fraport den Frankfurter Flughafen und das Geschehen dort über drei Monate hinweg fotografisch festgehalten. Die Architektur muss hier gleichzeitig viele unterschiedliche Funktionen erfüllen, ebenso komplex sind die realisierten Bauwerke, ebenso übrigens wie die Maschinen und Fahrzeuge, von denen viele nur für den Flughafen entwickelt werden. Bemerkenswert ist für mich auch der Wachstumsprozess der Architektur an einem solchen Ort. Neues kommt hinzu, Altes muss weichen, oftmals müssen alt und neu verschmelzen, einen Kompromiss eingehen. Unter solch extremen Voraussetzungen entstehen besondere Ästhetiken.

Habitat

Simone Kraft: Das Gebaute ist nur eine Facette Ihres Interesses. Mit welchen anderen Themen beschäftigen Sie sich?

Peter Braunholz: In fotografischer Hinsicht interessiert mich wie gesagt vor allem das Wesen der Dinge und der Blick hinter unsere gewöhnliche Wahrnehmung. Manchmal auch das »Surreale im Realen«. Mich interessieren Orte, wo »etwas nicht stimmt« oder dies so scheint. Mit der Zeit habe ich gesehen, dass die Architektur ebenso wie die Natur, aber generell auch die Übergange, Spannungsverhältnisse und Differenzen zwischen verschiedenen Themen und Orten auch neue Themen und Motive bieten.

Es kommt auch vor, dass ich Menschen fotografiere. Das sind aber fast immer Auftragsarbeiten, wie hier ein Porträt des berühmten Architekten Albert Speer am Frankfurter Flughafen.

Simone Kraft: Und wie finden Sie diese Motive und Themen?


Der Anspruch einer ökologisch sensiblen Außenbeleuchtung setzte sich bei der Illuminierung des Magazinbaus mit seiner Fassade aus gefalteter Bronze fort. Zur strikten Vermeidung von Skyglow wurde in akribischer Abstimmung mit den Beteiligten und mittels nächtlicher Bemusterungen eine Streiflichtlösung mit Linealuce-Bodeneinbauleuchten erarbeitet. Foto: HG Esch

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