Wohnen ist heiß umkämpft. Denn Wohnen ist nicht nur Privatsache, sondern auch öffentliches Thema. Die Gestaltung von (Lebens-)Raum beschäftigt Architekten und Stadtplaner, Politiker, Bauspekulanten, Investoren … Trotz mäßiger Konjunktur legt die Baubranche zu. Und dies, obwohl die Wirtschaftskrise mit dem Platzen der Immobilienkrise in Nordamerika gleichsam ein »Gesicht« bekommen hat.
Auch in Böblingen melden Zeitungen entsprechende Zahlen. Das Thema Neubebauung Flugfeld ist aktuell, Wohnraum für junge Familien soll entstehen, die die Preise im nahegelegenen Stuttgart nicht mittragen wollen und können. Eine neue Mall entsteht, die nicht nur das Bahnhofsviertel, sondern die ganze Innenstadt aufwerten soll – und den Konsum von der grünen Wiese zurück ins Zentrum holt.
Gentrifizierung, Privatisierung von Sozialbauten, Immobilienblase sind alltäglich gewordene Reizwörter. Und nicht zuletzt soll ausgerechnet die schwäbische Wohnkultur den Berlinern ihre Schrippe genommen haben.
Wohnen – zwischen öffentlich und privat, sozial und politisch, Individualität und Gemeinschaft, Gegenwart und Zukunft? Diesen Fragen will die Ausstellung nachspüren, indem sie den Blick der Betrachter auf die Bedeutung unseres gebauten und bewohnten Umraums lenkt. Dabei erfolgt die Annäherung an das Thema bewusst nicht aus architekturpraktischer Perspektive, sondern aus der besonderen Verbindung von Kunst und Architektur.
Fünf Künstler haben sich aus ihrer individuellen künstlerischen Position heraus mit dem Themenkomplex beschäftigt. Dabei zeichnen sich zwei zentrale Blickrichtungen ab – zum einen die Hinterfragung der nach wie vor global dominierenden modernen Bauformen, zum anderen die individuelle Perspektive auf das „Heim“, das Sich-Heimisch-Fühlen. Ergänzt werden die Kunstwerke durch narrative Texte, die Beispiele für Raum- und Wohnkonsum aus aller Welt anführen. Sie eröffnen eine zweite Denk-Ebene in der Ausstellung: Neben den »Kunstraum« tritt ein »Denkraum«.
(in)habitanCITY führt einen Themenkomplex fort, der mit (In)Visible Cities (Kunstverein Ettlingen, 2011, Wolfgang-Hartmann-Preis) und Gesichtsverlust | Be(com)ing (in)visible (Kunstverein Viernheim 2012) eingeleitet wurde. Das Ausstellungsprojekt ist eine Kooperation des Böblinger Kunstvereins mit der Heidelberger Kuratorin Simone Kraft, deren Arbeit sich der besonderen Verbindung von Kunst und Architektur (www.deconarch.com) widmet. Darüber hinaus publiziert sie als freie Kunst- und Architekturjournalistin regelmäßig in verschiedenen Kunst- und Architekturmedien.
Das Schlossbergstipendium: Schloßbergstipendiatin 2013 ist die Berliner Bildhauerin Yasmin Alt, deren Arbeiten um die Themen Architektur und Raum kreisen. Die meist skulpturalen Arbeiten haben Bezüge zu architektonischen Hinterlassenschaften menschlicher Zivilisation. Dabei entstehen modellhafte reduzierte Objekte, die in Ausstellungssituationen zu einem dreidimensionalen Geflecht werden. Im Böblinger Kunstverein realisiert Yasmin Alt ein installatives Arrangement unterschiedlicher Objekte. Verhältnisse und Beziehungen der Objekte werden untereinander untersucht und Verbindungselemente auf spielerische Art arrangiert.
Mit dem Schloßbergstipendium vergibt der Böblinger Kunstverein seit 1999 regelmäßig ein Atelierstipendium. Die ausgewählten KünstlerInnen erhalten die Möglichkeit, rund acht Wochen im Böblinger Künstlerhaus zu leben und zu arbeiten.
(in)habitanCITY
Wohn(t)räume, Utopien, Urbanismus und der ganz normale Raumkonsum
Peter Braunholz, Marc Dittrich, Jens Hausmann, Tobias Kraft, Jutta Steudle
Schlossbergstipendium 2013: Yasmin Alt
Kuratiert von Simone Kraft
16.11. – 18.12.2013
Böblinger Kunstverein
Die Ausstellung wird von einem virtuellen Katalog begleitet: inhabitancity2013.wordpress.com