Die Digitalisierung bringt auch in der Architekturbranche viele Veränderungen mit sich. Arbeitsbedingungen und Anforderungen an Mitarbeiter und Führungskräfte werden grundlegend verändert und auch die Beziehungen zwischen Führungskräften und Mitarbeitern verändern sich. Der Trend zur selbstorganisierten „Kopfarbeit“ wird verstärkt. Dies birgt Chancen aber auch Risiken, wenn die eigenen Stärken durch die Digitalisierung weiter ausgebaut und Kernprozesse digital unterstützt werden. Die Auswahl der richtigen Digitalisierungstools und ein gesundheitsförderlicher Umgang damit sind dabei wichtige Erfolgsfaktoren. Wie Sie den digitalen Wandel mit einer gesundheitsförderlichen Führungskultur gestalten können, erfahren Sie in diesem Artikel.
Insbesondere bei einschneidenden Veränderungen wie der Digitalisierung muss auch an die Wirkungen gedacht werden, die diese auf die Gesundheit der Beschäftigten hat. In einer Kopfarbeitergesellschaft ist die psychische Gesundheit besonders wichtig und zugleich besonders gefährdet. Daher sollte sie verstärkt geschützt und gefördert werden, um Erkrankungen und Fehlzeiten vorzubeugen sowie Müdigkeit und Erschöpfung, verbreitete Ängste, Hilflosigkeitsgefühle, Schlafstörungen, verbreitete Fehlernährung und Bewegungsmangel zu vermeiden.
Im Mittelpunkt des digitalen Veränderungsprozesses sollte der Mitarbeiter stehen, denn gesunde Mitarbeiter sind produktivere Mitarbeiter. Gesundes Arbeiten erfordert gesundheitsförderliche Arbeits- und Organisationsbedingungen, eine sinnhafte Tätigkeit, ein gutes Beziehungsklima und eine mitarbeiterorientierte Führung. Daher ist es gleich von Beginn an wichtig, alle Akteure im Büro für die Risiken der Digitalisierung am Arbeitsplatz zu sensibilisieren und Widerständen erfolgreich zu begegnen. So können finanzielle Nachteile vermieden, Ressourcen geschont und Effizienz gewonnen werden, was insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels wichtig ist.
Gleichzeitig gilt es, die Mitarbeiter durch sensibles Management schrittweise durch den Change-Prozess zu begleiten, sie zu motivieren, gut zu informieren und ggf. weiter zu qualifizieren. Das erhöht die Attraktivität des Architektur- und Ingenieurbüros für Mitarbeiter und Mandanten gleichermaßen. Dieses Ziel erreichen Sie mit einem bedarfsgerechten und systematischen Vorgehen, bei dem Sie die Führung und Organisation als zentrale Ansatzpunkte nutzen, um die Gesundheit der Mitarbeiter zu fördern und zu schützen. Dies leistet ein nachhaltig implementiertes und kontinuierlich optimiertes Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM), welches Sie intern oder mit externer Unterstützung eines Beraters in Ihrem Büro implementieren können.
Mithilfe des Betrieblichen Gesundheitsmanagements werden präventive Maßnahmen getroffen, veränderte Arbeitsinhalte, Prozesse und Umgebungen werden systematisch und pragmatisch gesundheitsförderlich gestaltet. So ist das BGM ein wesentlicher Erfolgsfaktor eines gelingenden und gesundheitsförderlichen digitalen Wandels in Ihrem Architektur- und Ingenieurbüro.
Was bedeutet Digitalisierung für die Führungskultur im Architekturbüro?
Die Digitalisierung verändert auch die Führungskultur: Von Führung durch Anordnung und Kontrolle hin zur Führung durch vorbildhaftes Verhalten, durch Kultur und Selbstorganisation. Führungskräfte tragen in immer stärkerem Maße Verantwortung für die persönliche Weiterentwicklung und für die Gesundheit der Mitarbeiter. Das Führen mit Herz und Werten wird für den Erfolg immer wichtiger. Daher sollten Loyalität und vertrauensvolle Zusammenarbeit kontinuierlich gepflegt, geschützt und gefördert werden. Dabei haben die Unternehmenskultur, die Führung sowie das Beziehungsklima einen maßgeblichen Einfluss auf die Qualität der Zusammenarbeit und damit auf Leistungsfähigkeit, Attraktivität und Bindekraft einer Organisation, auf Energieeinsatz und Gesundheit der Mitarbeiter. Emotional gebundene Beschäftigte, die sich mit ihrer Arbeit identifizieren, sind stressresistenter, produktiver und qualitätsbewusster.
Führungskräfte prägen die Organisationskultur und stellen die Weichen für Gemeinsinn und persönliche Verbundenheit. Führung durch verbindende Werte, Visionen, durch Vorbilder und überzeugende Argumente stößt gerade bei „Kopfarbeitern“ auf die größte Zustimmung.
Dies ist gerade bei Veränderungsprozessen wichtig, welche Führungskräfte initiieren und dabei die Veränderungsbereitschaft, die Eigenmotivation und die Entscheidungsfreude der Mitarbeitenden fördern. Hierbei müssen Führungskräfte den Mitarbeitern mehr Entscheidungsfreiheit, Flexibilität und Vertrauen entgegenbringen. Daher sollten Kommunikations- und Kooperationsentwicklungsprozesse in flachen Hierarchien und auf Distanz initiiert und vorangetrieben werden.
Bei zunehmender Aufgabenkomplexität sowie steigendem Anpassungs- und Innovationsbedarf wird die interne Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichsten Experten Ihres Büros immer wichtiger. Diese kollektive Intelligenz und Kreativität gilt es zu nutzen. Erfolgsfaktoren für das Gelingen sind verstärkte und bessere Kooperationen, gemeinsame Werte, Überzeugungen und Regeln sowie Beteiligungen bis hin zur Selbstorganisation.
Je mehr Gemeinsamkeiten es gibt, umso leichter fällt die vertrauensvolle Zusammenarbeit und umso eher lassen sich Konflikte lösen. Entwickeln Mitarbeiter zudem eine starke emotionale Bindung an ihr Architekturbüro / Ingenieurbüro, dann identifizieren sie sich mit deren Zielen, Werten und Qualitätsstandards. Somit investieren Organisationen, die in die Gesundheit ihrer Mitarbeiter investieren, in ihre Wettbewerbsfähigkeit und längerfristigen Erfolg.
Digitalisierung richtig starten
Analysieren Sie zu Beginn des Veränderungsprozesses die Stärken und Schwächen Ihres Büros. Welche Besonderheiten gibt es, wie ist der digitale Reifegrad in Ihrem Büro und was muss getan werden, damit die digitale Transformation erfolgreich umgesetzt werden kann?
Verdeutlichen Sie sich auch die Vorteile, die Ihr Büro, die Mandanten und Ihre Mitarbeiter durch die Digitalisierung haben werden. Und ganz wichtig: Welche Vision und Strategie wollen Sie damit verfolgen? Und welche Möglichkeiten der Digitalisierung gibt es in Ihrem Büro?
Mögliche digitale „Spielfelder“ sind z.B. BIM, Virtual Reality, Smart Apps, Artificial Intelligence, integrierte Softwarelösungen sowie Cloud Computing, Online-Videos, Social Media und Augmented Reality. Doch womit möchten Sie nun starten bzw. die Digitalisierung weiter optimieren? Legen Sie eine digitale Strategie fest und begleiten Sie die digitale Transformation der internen und externen Prozesse, Angebote und Kommunikation. Damit steigern Sie sowohl Effizienz und Qualität, als auch die Mandanten- und Mitarbeiterzufriedenheit.
Kultureller Wandel
Zu Beginn des Digitalisierungsprozesses und noch vor der praktischen Umsetzung ist ein „digitales Mindset“ zu etablieren. Dies beeinflusst die Denkweisen, Gewohnheiten und Fähigkeiten genauso wie die grundlegenden (Führungs-) Verhaltensweisen und die Einstellung. Merkmale eines digitalen Mindsets sind beispielsweise:
Offenheit und Agilität: Wie offen sind die Mitarbeiter gegenüber neuen Themen, Ideen, Trends und Meinungen? Wie flexibel (agil) werden diese in den Arbeitsablauf und in das Denken aufgenommen?
Offener Umgang mit Scheitern: Wie gehen Mitarbeiter mit Scheitern um (eigenes Scheitern, im Team, im Unternehmen)? Wie geht es nach dem Scheitern weiter?
Kreativität: Denken Mitarbeiter außerhalb der eigenen Komfortzone, wenn es um die Entwicklung kreativer Lösungen geht? Werden bestehende Lösungen und Prozesse weitergedacht, auch mit Blick auf das ganze Unternehmen?
Kritikfähigkeit: Wie wird Kritik gegeben und entgegengenommen?
Um ein digitales Mindset auch zu leben, müssen alle im Unternehmen mitmachen. Dies gelingt einfacher, wenn die Digitalisierung in die Leitlinien des Unternehmens aufgenommen werden. Damit wird der formale Weg gebahnt zu den erforderlichen Veränderungen mitsamt des einhergehenden Kulturwandels.
Mit neuen und modernen Arbeitsplätzen verändern sich auch Arbeitsprozesse- und Inhalte, sodass im Laufe eines Berufslebens ständig neue fachliche und soziale Kompetenzen erworben werden müssen. Nur so werden die Veränderungsprozesse von allen mitgestaltet. Daher ist auch bei Bewerbern auf die digitale Kompetenz zu achten.
Besonders wichtig ist ein verantwortungsvoller Umgang mit den neuen Technologien. Es gilt, die Umstellung auf neue Prozesse und Arbeitsformen frühzeitig zu kommunizieren und die Mitarbeiter mitzunehmen, zu motivieren und nach Bedarf zu unterstützen. Gerade die vorrausschauende Planung und Gestaltung digitaler Transformationsprozesse ist ein wesentlicher Schlüsselfaktor für die individuelle und betriebliche Bewältigung. Daher ist im Vorfeld auch zu prüfen, ob zusätzlicher Personalbedarf besteht, ob die Mitarbeiter ausreichend qualifiziert sind und welche Erwartungen sie haben, andernfalls sind Demotivation, Unzufriedenheit und Leistungseinbußen die Folge. Stellen Sie also fest, was die Mitarbeiter brauchen, können, wissen und wollen. Damit erhalten Sie ein Leistungsverzeichnis und zugleich einen Anforderungskatalog. Die Zuständigkeiten der einzelnen Mitarbeiter werden festgelegt und mit den Qualifikationen und Zuständigkeiten abgeglichen.
Viele Beschäftigte fühlen sich bei Veränderungen und insbesondere bei der Digitalisierung überfordert oder gestresst. Andere Beschäftigte sind demotiviert, weil sie ihre bisherigen Kompetenzen weniger einbringen können und neue Technologien eine Umgewöhnung erfordern oder sogar den Erwerb neuer Kompetenzen voraussetzt. Hier gilt es, geeignete Qualifizierungswege zu entwickeln, die Beschäftigten bei der Einführung bzw. Anpassung nicht zu überfordern und den psychischen und physischen (Gesundheits-) Risiken richtig zu begegnen.
Was können Sie als Führungskraft tun?
Als Führungskraft sehen Sie vor allem die Vorteile der Digitalisierung und fördern einen vertrauensvollen und fürsorglichen Umgang mit den Beschäftigten. So können Sie die Ängste und Sorgen mindern und gesundheitsförderlich agieren. Mit einer die Digitalisierung begleitenden Bildungsstrategie sorgen Sie zudem für mehr Akzeptanz im Team.
Zudem stärken Sie die (psychische) Gesundheit, Motivation und Leistungsfähigkeit Ihrer Beschäftigten durch die Förderung eines guten Miteinanders. Dies wird bei zunehmendem Fachkräftemangel und demografischen Veränderungen für den unternehmerischen Erfolg immer wichtiger. Mit einer guten Kultur verankern Sie Unternehmensziele in Werte und Überzeugungen, die akzeptiert und gelebt werden. Dies wird auch nach außen hin für Ihre Mitglieder sichtbar.
Kümmern Sie sich um die Gesundheit Ihrer Mitarbeiter und machen Sie daraus eine Herzensangelegenheit. Pflegen und fördern Sie einen wertschätzenden und vertrauensvollen Umgang mit den Mitarbeitenden und beziehen Sie diese ein. Räumen Sie den Mitarbeitern Gestaltungsspielräume ein. So fördern Sie ein positives Arbeitsklima und steigern zugleich die Motivation.
Gerade mit Ihrem Führungsstil nehmen Sie einen direkten Einfluss auf die Gesundheit und Motivation Ihres Teams. Weitere Aspekte einer gesundheitsförderlichen Führung sind z.B. Anerkennung, Feedback, soziale Unterstützung, Fairness, Respekt, Konfliktlösung, Information, Partizipation, Handlungsspielraum. Zudem haben die folgenden Führungsgrundsätze eine positive Wirkung:
- Transparente, nachvollziehbare Kommunikation und Information aller Beschäftigten
- Ziel- und resultateorientiertes Führen
- Mitarbeiterförderung entsprechend der Begabungen
- Aktive Konfliktlösung
- Glaubwürdiges, konsistentes und transparentes Führungsverhalten
- Vorleben von Menschlichkeit und Fairness (flexible Arbeitszeiten, Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Pflege)
- starre Strukturen aufbrechen und kulturellen Wandel fordern.
Ihre Führungsgrundsätze sollten regelmäßig kommuniziert und allen Mitarbeitern bekannt sein. Damit diese auch aktiv umgesetzt werden, gibt es regelmäßige Überprüfungen der Werte und Inhalte im (Führungs-) Alltag. Dies kann beispielsweise durch eine Mitarbeiterbefragung in Form der gesetzlich geforderten "Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen" erfolgen. So können Sie belastende Faktoren frühzeitig erkennen und Risiken minimieren bzw. ganz ausschließen. Das stärkt die Leistungsfähigkeit, Gesundheit und Motivation Ihrer Mitarbeiter und senkt die Ausfallszeiten.
Fazit:
Erfolgsfaktoren eines gelingenden und gesundheitsförderlichen digitalen Wandels im Unternehmen sind neben einer guten Planung, Kommunikation und Weiterbildung der Beschäftigten eine gute Führung und Unternehmenskultur sowie präventive und risikominimierende Instrumente.
Über die Autorin
Beate Noeke ist Betriebliche Gesundheitsmanagerin und hat das Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen bgm21® im Mai 2018 gegründet. Beratungsschwerpunkte sind der demografische und digitale Wandel, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen. www.bgm21.de