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Mi, Apr

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Revitalisierung: Bestehende Gebäude zu neuem Leben erwecken

Fachartikel

In einer Zeit in der Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung immer wichtiger werden, spielt die Revitalisierung von bestehenden Gebäuden eine zentrale Rolle. Schätzungen zufolge sind 80 Prozent des Gebäudebestands von 2050 heute bereits gebaut. So gesehen liegt das Potential, unsere natürlichen Ressourcen in Deutschland durch Neubau zu schonen, bei rund 20 Prozent. Gleichzeitig prägen regulatorische Rahmenbedingungen in Form von Pariser Klimaschutzabkommen, Green Deal und EU-Gebäuderichtlinie die Märkte.  

Die Notwendigkeit des Bauens im Bestand liegt daher auf der Hand. Die Revitalisierung ist ein Schlüssel, um wichtige Klimaziele im Gebäudebereich zu erreichen. Doch was ist zu beachten, wenn bestehende Gebäude und Anlagen wie Bürohäuser, Fabriken oder Einkaufszentren nachhaltig umgestaltet werden sollen? Wo liegen die Herausforderungen und Chancen für Architekten und Ingenieure?

Das Weiterbauen ist Teil unserer Kultur. Über Jahrtausende haben die Menschen weitergebaut, angebaut und umgebaut. Erst im 20. Jahrhundert führten u.a. die Kriegszerstörungen in unseren Städten, der schnelle Neuaufbau und die Industrialisierung der Bauprozesse zu der Loslösung von der Bautradition und zu einem Rückgang des Weiterbauens.

Auch die Einführung neuer Technologien wie das serielle Bauen und die funktionale Orientierung Form follows Function haben das Weiterbauen zu einem Randthema werden lassen. Es bedarf intelligenter Ansätze, um mit dem Wissen von Weiterbauen und mit dem Bestand von heute flexible und aufgewertete Immobilien für morgen zu entwickeln. Doch was bedeutet Weiterbauen im heutigen Kontext?

kantine siemens 02

Warum Weiterbauen und Revitalisierung zu den „Must-Haves“ gehört 

Gebäude sind für mehr als ein Drittel der CO2-Emissionen in der EU verantwortlich. 70 Prozent der Gebäude sind energetisch ineffizient. Abriss und Neubau sind ressourcenintensiv und verursachen hohe Emissionen. 

Die Revitalisierung bestehender Gebäude und Anlagen durch Umbau und intelligente Umnutzung ist eine vielversprechende Lösung. Im besten Fall wird bereits ein zweites, drittes und viertes Leben inklusive neuer Nutzungsarten eingeplant.

Ganzheitliche Planung

Revitalisierungsprojekte gehen weit über reine Sanierungsmaßnahmen hinaus. Sie verbinden technische, städtebauliche, ökonomische und soziale Faktoren. Diese gilt es in die Planung zu integrieren, um die langfristige Adaptierbarkeit der Gebäude, ihre Energieeffizienz und die Nutzungsqualität der Standorte zu optimieren. So entstehen resiliente und flexible Strukturen, die über mehrere Lebenszyklen hinweg bestehen können.

Mit anderen Worten: Was gestern eine graue, energieineffiziente Industriehalle war, kann morgen durch Revitalisierung ein begrüntes, energieeffizientes Büro sein.

Eine entscheidende Herausforderung besteht darin, bestehende Gebäude für neue und sich später wieder ändernde Nutzungen vorzubereiten.

Bei unseren Projekten, bei denen wir weiterbauen und revitalisieren, orientieren wir uns an drei Leitmotiven:

  • langfristige flexible Strukturen schaffen, die u.a. aus robusten, modularen Tragwerken, Systemen und Rastern besteht, die nicht nur funktional, sondern auch auf Langlebigkeit ausgerichtet ist.
  • den Bestand respektieren, historische Schichten bewahren.
  • Den Bestand mit neuen und innovativen Baumethoden ergänzen, einschließlich kreislaufgerechtem Bauen, Dekarbonisierung, Einsatz von natürlichen Materialien, Schaffung von inklusiven und gesundheitsfördernden Orten für Menschen und Communities.

In gelungenen Ergebnissen entsteht so ein spannendes Ganzes aus Alt und Neu. Dabei wird das Alte in Funktion und Zustand verbessert und die Geschichte des Ortes und des Gebäudes selbstbewusst fortgeschrieben. 

Drei Szenarien der Revitalisierung  

Revitalisierungsmaßnahmen steigern den Wert von Immobilien. Aufgrund der hohen Risiken und Anfangsinvestitionen und der komplexen Umsetzung werden Revitalisierungen jedoch häufig nicht durchgeführt. Trotz der ökologischen und ökonomischen Vorteile bleibt der Abriss die bevorzugte Option. Dies gilt umso mehr, als der Abriss eines Gebäudes in der Regel nicht umfassend begründet werden muss. Die Bauvorschriften begünstigen nach wie vor den Neubau, so dass eine Neuausrichtung hin zu „Umbauordnungen” notwendig wäre.

Wirtschaftlich zeichnet sich jedoch ein Umdenken ab: Immer mehr Unternehmen erkennen den Wert bestehender Gebäude und Materialien und beginnen, Lebenszyklen neu zu bewerten. Projekte, die die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft berücksichtigen, sind erste Beispiele für diese Entwicklung. 

Wenn wir bei Arup Projekte für die Revitalisierung von Gebäuden entwickeln, beginnen wir mit einer holistischen Betrachtung von verschiedenen Szenarien, die sich in der Spanne zwischen den folgenden drei Handlungsfeldern bewegen, abhängig vom Zustand und Potenzial der bestehenden Gebäude:

  • Behutsame Sanierung: Unsere Konzepte beinhalten Sanierungsmaßnahmen, die auf den weitestgehenden Erhalt der Gebäude und der verbauten Materialien ausgerichtet sind. Dabei werden die baulichen Gegebenheiten und Strukturen berücksichtigt, maximal wiederverwendet und die Flächen- und Ressourcen-Effizienz gesteigert.
  • Hybridbauten: Die Sanierung wird mit innovativen, meist leichten Neubauelementen kombiniert, die das Gebäude sinnvoll ergänzen, erweitern und/oder nachverdichten.
  • Abriss und Neubau: Der umfassende Abriss und Neubau erfolgen, wenn das Bestandsobjekt technisch oder wirtschaftlich nicht mehr tragfähig ist.Dabei setzen wir uns dafür ein, die zurückgebauten Elemente und Materialien an anderen Projekten wieder einzusetzen oder zumindest zu recyclen.

Diese Szenarien haben logischerweise eine unterschiedliche CO2-Belastung. Letzteres – Abriss und Neubau – befindet sich auf der Skala der CO2-intensivsten Lösungen ganz oben. Neben den CO2-Aspekten werden weitere Faktoren bewertet und verglichen.

Dazu gehören sogenannte “Hard” und “Soft Facts” wie das Raumprogramm, die Qualität der Bausubstanz, Ästhetik, Komfort, Energiebedarf, Kosten, Anteil von kreislauffähigen Konzepten und vieles mehr. Diese Faktoren werden gemeinsam mit unseren Auftraggebern immer hinsichtlich der langfristigen Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit bewertet und als Entscheidungsvorlage genutzt. 

Campus der Zukunft 

Schaut man sich einzelne Branchen an, wird deutlich, dass gelungene Revitalisierungen auch zur erhöhten Wettbewerbsfähigkeit von Standorten beitragen. Ein modernes Industrieareal beispielsweise muss sich zunehmend mit urbanen Arbeitswelten messen. Dazu gehören Produktions- und Forschungsgebäude und attraktive Arbeitsumgebungen mit gastronomischen Angeboten, Grünflächen, Sportmöglichkeiten und Begegnungsräumen gleichermaßen.

Für die ehemalige Kantine auf dem Siemens Campus in Karlsruhe haben wir ein Konzept entwickelt. Statt den aus mehreren Schichten verschiedener Jahrzehnte bestehenden Gebäudekomplex abzureißen, wollen wir ihn so weiterbauen und revitalisieren, dass er ausreichend Platz für ein State-of-the-Art-Restaurant mit Café und Co-Working-Spaces sowie moderne Besucherbereiche bietet.

Das Projekt zeichnet sich durch den behutsamen Rückbau möglichst weniger bestehender Strukturen und deren sinnvolle Ergänzung durch neue aus. Diese passgenauen Eingriffe in die Substanz sollen mit nachwachsenden Materialien wie zum Beispiel Holz ausgeführt werden und eine neue großzügige Raumwirkung schaffen, die bis zu 550 Besuchern gleichzeitig Platz bietet.

Solche Projekte zeigen, dass durch intelligente Planung etablierte Standorte erhalten und gleichzeitig für die Zukunft fit gemacht werden können.  

Dekarbonisierung kann nicht ohne Revitalisierung  

Die Revitalisierung bietet die Chance, bestehende Gebäude und Areale nachhaltig umzustrukturieren und gleichzeitig wirtschaftlich zukunftsfähig zu gestalten.  

Innovative Konzepte zu entwickeln, die Gebäude über mehrere Lebenszyklen nutzbar machen und den Wandel hin zu nachhaltigen Standorten aktiv mitgestalten, ist damit ökologisch wie ökonomisch der sinnvollste Ansatz. 


lena raizberg

Autorin: Lena Raizberg, Architektin und Leiterin Architektur Deutschland, Arup. Foto: Michel Buchmann


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Beleuchtung

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Baurecht

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