Der Anteil von Solarstrom am weltweiten Energiemarkt wächst weiterhin rasant. Nach Wind- und Wasserkraft ist die Sonne, gemessen an den weltweit installierten Kapazitäten, mittlerweile der drittwichtigste »grüne« Energielieferant. Fast 0,5 Prozent des weltweiten Strombedarfs und 1 Prozent des Stromspitzenbedarfs wurden am Ende des Jahres 2011 über photovoltaisch generierten Strom gedeckt. Doch Solarstrom ist nicht gleich Solarstrom.
Ein Großteil des Solarstroms wird in Europa produziert; im Jahr 2011 waren das – trotz Wirtschaftskrise und brancheninterner Konsolidierung – etwa 75 Prozent aller neuen Kapazitäten. Auch wenn PV in Europa am stärksten wächst, haben Länder wie China, Japan, Indien oder die USA bereits begonnen, eigene Märkte zu schaffen und zu bedienen. Der Schlüssel zu einer langfristig praktikablen und wettbewerbsfähigen Photovoltaik-Energieerzeugung liegt in einer Kombination verlässlicher politischer Rahmenbedingungen und wirtschaftlich günstiger Voraussetzungen. Das ist die eine Seite der Medaille.
Die Photovoltaikindustrie ist jedoch auch selbst aufgerufen, ihre Energielösungen für den Verbraucher noch attraktiver zu machen. Konventionelle PV-Lösungen europäischer Hersteller sind häufig chancenlos gegenüber beispielsweise chinesischen Konkurrenzprodukten, die mittlerweile die Technologie adaptiert haben und viel günstiger Massenware produzieren können. Außerdem zeigt sich, dass traditionell siliziumbasierte Solarzellen trotz ihres verhältnismäßig hohen Wirkungsgrades in vielerlei Hinsicht zu unflexibel sind für anspruchsvollere Anwendungen: Das starre Material, die Notwendigkeit der Aufständerung und Ausrichtung in bestimmtem Winkel zur Sonne hemmen als limitierende Faktoren den Einsatzbereich solcher PV-Module. Dazu kommen der häufig unterschlagene Energieverbrauch, der für die Herstellung der Siliziumzellen zu Buche schlägt, sowie die Frage der Entsorgung der Komponenten nach dem Ende der Betriebszeit.
Dabei sind die Begehrlichkeiten durchaus da: In einer aktuellen Nachhaltigkeitsstudie rechnet die Sarasin-Bank mit einem durchschnittlichen Wachstum des weltweiten Photovoltaikmarktes von jährlich 18 Prozent bis 2015 – zu verdanken soll dies vor allem neuen Absatzmärkten sein. Wer vorne mit dabei sein will, sollte zur technologischen Avantgarde gehören, Wirkungsgrade steigern und Kosten senken können sowie international erfolgreich positioniert sein.
Dyesol, australischer Spezialist für Farbstoffsolarzellen, arbeitet derzeit mit einer Reihe von multinationalen Partnern rund um den Globus daran, die DSC (=dye-sensitized solar cells)-Technologie in Produkte des Bausektors zu integrieren (wie Fenster oder Stahldächer). Die DSC-Technologie imitiert die Photosynthese und ist in der Lage, Elektrizität aus einem viel größeren Spektrum an Lichtbedingungen (Bewölkung, Nebel, Dämmerung u.a.) zu generieren, als es traditionellen PV-Techniken möglich ist. Die Farbstoffsolarzelle ist ebenfalls weniger empfindlich gegenüber unterschiedlichen Winkeln des Lichteinfalls. Das bedeutet: DSC-beschichtete Produkte können vertikal in eine Fassade an der Seite eines Gebäudes, das keiner direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt ist, installiert werden. Entsprechende Bedingungen finden sich in vielen dicht besiedelten, städtischen Umgebungen. Dazu ist die Herstellung der Farbstoffsolarzellen im Vergleich deutlich kosten- und energiegünstiger zu realisieren.
Die genannten Eigenschaften prädestinieren eine farbstoffsolarzellenbasierte Photovoltaik für den großflächigen Einsatz an Gebäuden – als sogenannte gebäudeintegrierte Photovoltaik (BIPV). Allein in den USA verbrauchen Gebäude mehr als 71 Prozent der produzierten Energie – was läge näher, als die Energiefresser in Energiegeneratoren umzuwandeln? Damit würden Solarfarmen, die separat errichtet werden müssten, zumindest teilweise obsolet. Übertragungsverluste könnten reduziert und Kosten, die für den Ausbau der Infrastruktur aufgewendet werden müssten, eingespart werden. Um dieses Potential weiter auszuloten ging Dyesol 2010 eine Kooperation mit dem Amerikanischen Glas- und Fassadenspezialisten Pilkington ein. Architekten und Designern liefert eine solche Photovoltaiklösung die Vorlage für ganz neue, harmonische und ästhetisch ansprechende Synthesen von Energietechnik und Bausubstanz.
Dyesol hat zusammen mit Tata Steel Europe bereits DSC-beschichteten Stahl präsentieren können. Ob sich die Technologie tatsächlich durchsetzen kann, wird spannend zu beobachten sein.