Über hundert Jahre wurde in der Schnapsbrennerei in Weißenfeld hochprozentiger Alkohol aus Kartoffeln für medizinische Zwecke hergestellt. Um das Gebäude zu erhalten und weiterhin sinnvoll zu nutzen, wählten die Betreiber einen recht ungewöhnlichen Weg: die Umwandlung der Brennerei Weißenfeld in eine Kindertagesstätte. Dazu wurde das Bestandsgebäude saniert und um einen zweigeschossigen Neubau aus Betonhalbfertigteilen erweitert.
Das alte Brennereigebäude prägt mit seinem 24 Meter hohen Schornstein den Ort Weißenfeld. Ein Grund, das alte Industriegebäude vor dem Abriss zu bewahren, ist die Knappheit an Krippenplätzen und die dafür günstige Verkehrsanbindung an die A94 nach München. Das Büro Grund Architekten aus Weißenfeld plante die Umnutzung des stark sanierungsbedürftigen Bestandsgebäudes, das komplett entkernt und energetisch sowie brandschutztechnisch auf den neuesten Stand der Technik gebracht wurde.
Die eingesetzte Grundwasserwärmepumpe trägt zur gewünschten Energieeffizienz bei. Die Dachinnenseite erhielt eine Isolierschicht, und die bereits verputzte Nordwestfassade wurde mit einem Wärmedämmverbundsystem versehen. Ansonsten konnte die markante Klinkeroptik erhalten bleiben. Um der historischen Struktur des alten Gebäudes weiter zu entsprechen, wurden die alten sichtbaren Dachbalken trocken-eisgestrahlt und im Erdgeschoss wieder hohe Sprossenfenster aus Isolierglas eingesetzt. Aufgrund des sehr hohen bestehenden Erd-geschosses wurde der zweigeschossige Anbau mit versetzten Ebenen an den Bestand angeschlossen. Die so entstandenen Freiflächen sind ganz unterschiedlich gestaltet: So wird die Dachterrasse zum Beispiel als Bobbycar-Parcours genutzt, umrandet von schattenspendender Bepflanzung zum Klettern und Ausruhen.
Der Neubau sollte nicht mit dem Klinkerbau konkurrieren, trotzdem aber den Industriecharakter des ursprünglichen Gebäudes zur Geltung bringen. Die gewählte Bauweise mit kerngedämmten Betonhalbfertigteilen in Sichtbetonqualität unterstreicht diesen ästhetischen Anspruch, sorgte gleichzeitig für die rasche Bauausführung und genügte den hohen Schallschutzanforderungen aufgrund der angrenzenden Kreisstraße. Die geschosshohen Betonfertigteile in unterschiedlichen Breiten schaffen ein strukturierendes Fugenbild in der Fassade. An der Nordwestfassade laufen die einzelnen Fassadenelemente über die Geschossdecke bis zur Fensterbrüstung hinaus und schaffen im Wechsel mit den Fenstern ein rhythmisches Fassadenbild.
Die Architekten entschieden sich bei den aufgehenden Wänden für doppelschalige Betonelemente. Die Außenwand mit einer Gesamtwandstärke von 40 Zentimetern besteht aus zwei durch Gitterträger miteinander verbundenen, vorgefertigten Stahlbetonschalen. Bei den hier eingesetzten Thermowandelementen wird die 14 Zentimeter dicke Kerndämmung aus Hartschaum (Phenolharz) bereits im Werk auf der Innenseite der sieben Zentimeter starken Außenschale aufgebracht. Nachdem die Wandelemente auf der Baustelle aufgestellt wurden, konnte der Ortbeton der Güte C25/30 in den Hohlraum der Wände ausgegossen werden. Dank der gleichbleibenden Produktionsbedingungen im Fertigteilwerk konnten so problemlos Fassadenelemente in Sichtbetonklasse 2 hergestellt werden. Die Innenwände wurden ohne Dämmung ausgeführt – hier kam die Doppelwand mit einem 20 Zentimeter großen Querschnitt zum Einsatz.
SySpro-Gruppe Betonbauteile e. V., www.syspro.de
Bautafel
Ort: Weißenfeld
Bauherr: Brennerei Weißenfeld GmbH
Architekt: Grund Architekten, www.grundarchitekten.de
Statik: Ingenieurbüro Weinzierl, Neumarkt i. d. OPf
Baujahr: 2014
Kurzklassifizierung
Fassade: geschlossen mit bodentiefen Fensteröffnungen
Tragwerk: MassivbauSySpro Bauteile: Elementdecke, Doppel- und Thermowände