Im niedersächsischen Bakum ist mit dem Neubau des Rathauses ein identitätsstiftendes Zentrum für Verwaltung, Begegnung und Öffentlichkeit entstanden. kbg architekten haben ein Bauwerk entworfen, das traditionelle Ortsbezüge mit einer zeitgemäßen Formensprache verbindet – und dabei weit mehr ist als nur ein Funktionsgebäude.
Ein Rathaus, das überrascht
Das neue Rathaus liegt im historischen Ortskern in direkter Nachbarschaft zur neugotischen Kirche St. Johannes Baptist. Bereits seine Erscheinung hebt es von der klassischen Vorstellung eines Verwaltungsbaus ab: Die ungewöhnliche Kubatur, das differenzierte Fassadenbild und die bewusste Materialwahl machen das Gebäude zu einem selbstbewussten, aber ortsbezogenen Landmark.

Bild: Meike Hansen Archimage
Der Entwurf, der aus einem Realisierungswettbewerb im Jahr 2020 hervorging, stellt einen klaren städtebaulichen Bezug zur Kirchstraße her. Dort entstand ein großzügiger Vorplatz mit Sitzbank und einem zentralen Baum, der als sozialer Treffpunkt im Alltag dient. Die Freiraumgestaltung erfolgte in Zusammenarbeit mit nsp landschaftsarchitekten + stadtplaner, die das Konzept konsequent auf Aufenthaltsqualität und Nutzungsvielfalt ausrichteten.

Bild: Meike Hansen Archimage
Differenzierte Baukörper mit Maßstabssensibilität
Mit etwa 2.200 Quadratmetern Bruttogrundfläche verteilt sich das Rathaus auf drei gestaffelte Baukörper: Ein überhöhter Kopfbau markiert den Auftakt, ein langgestrecktes Volumen begleitet die Kirchstraße und ein giebelständiger Abschluss mit regionaltypischem Dachneigungswinkel verankert das Ensemble im dörflichen Kontext. Die Gliederung orientiert sich an der Maßstäblichkeit der Umgebungsbebauung, nimmt Rücksicht auf Sichtachsen und belässt dem benachbarten Baudenkmal bewusst Raum zur Wirkung.

Bild: Meike Hansen Archimage
Architektur im Spannungsfeld von Tradition und Gegenwart
Die Fassadengestaltung vereint expressive Klarheit mit lokalen Referenzen. Mauerwerkslisenen gliedern das Bauvolumen, großflächige Fensteröffnungen erzeugen Transparenz und Sichtbeziehungen. Der verwendete Verblendklinker, ein individuell für das Projekt entwickelter Wasserstrichstein von Deppe Backstein (Typ 1652wsBAK), wurde ohne Kohle und ohne Reduktionsbrand gefertigt, um einen warmen, erdigen Farbton mit möglichst geringem Blauanteil zu erzielen. Der Klinker verweist damit sowohl auf handwerkliche Tradition als auch auf einen bewussten Umgang mit Ressourcen.

Bild: Meike Hansen Archimage
Ein lichtdurchflutetes Gebäude für Bürgernähe
Im Inneren empfängt ein zweigeschossiges Atrium mit großzügigem Lichthof die Besucher. Offene Flurbereiche, raumhohe Fenster und natürliche Materialien wie Holz und Klinker schaffen eine einladende Atmosphäre. Die Büros und Besprechungsräume profitieren vom hohen Tageslichteintrag und der funktionalen Offenheit der Grundrisse. Damit wird nicht nur eine angenehme Arbeitsumgebung geschaffen, sondern auch die bürgernahe, offene Verwaltung räumlich erlebbar gemacht.

Bild: Meike Hansen Archimage
Identitätsbildung durch Architektur und Freiraum
Das neue Rathaus ist mehr als ein Verwaltungsbau – es ist ein bewusst gesetzter Baustein zur Stärkung des Dorfkerns. Mit sensibler Einbindung, präziser Gestaltung und funktionaler Offenheit trägt es zur sozialen, kulturellen und architektonischen Identität Bakums bei. Die Kombination aus architektonischer Qualität und gestalterischer Zurückhaltung macht das Ensemble zu einem gelungenen Beispiel zeitgenössischer Ortsentwicklung.

Bild: Meike Hansen Archimage



